Los Christianos/Teneriffa - San Miguel/Teneriffa - San Sebastian/La Gomera

Nach ein paar Tagen in unserer Familienblase in Los Christianos machen wir uns auf, zurück nach San Miguel: Besuch von Marianne, dem Grossmami, ist angesagt! Allerdings sind wir ein bisschen verhalten, Pandemiezeiten haben uns vorsichtig werden lassen... Lio fühlt sich zwar wieder gut, ist aber nach einem Schwumm im Meer plötzlich wieder erschöpft. Sicherheitshalber buchen wir das Schiff von Giovanni als Unterkunft für sie, der dieses im Hafen von San Miguel als "Hotelzimmer" anbietet. Eine Lösung, die die ersten Tage überbrücken soll, so dass wir uns wenigstens draussen treffen können. Kurz und gut, wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen, schliesslich sind wir nicht mehr lange in einigermassen gut erreichbarer Distanz unterwegs. Leider schwillt Lios Lymphdrüse am Hals dermassen, dass wir einen Artzbesuch organisieren müssen und zu alledem wird Marianne doch noch krank. Bereits vom Schiff in einen Hotelkomplex gezogen, wie sie ihn nie buchen würde, muss sie dort ein paar Tage absitzen. Wir sorgen uns um sie, zum grossen Glück wird sie nicht stark krank.

 

Lio kommt unterdessen wieder ganz auf die Beine und der Rest von uns bleibt gesund. Wir verschieben uns wieder auf den Ankerplatz vor Los Christianos und mieten ein Auto, um noch etwas von der Insel zu sehen. Und wieder kündigt sich Besuch an, diesmal spontan: Martina und Oli sind mit ihrer Tochter Zoé auf Teneriffa in den Ferien und schlagen uns eine Wanderung im Nationalpark vor. Eine willkommene Abwechslung nach den Tagen im All-inclusive-Hotspot rund um den Hafen von San Miguel... Die Wanderung ist heiss, aber nicht allzu lang, der Teide beeindruckend und die Farben der leuchtend grünen Pinien auf schwarzem Lavagrund ganz einfach wunderschön, so wie das Zusammensein überhaupt. Ein guter Grund, am nächsten Tag Zoés 3. Geburtstag auf Rocinante zu feiern. 

 

Die folgenden Tage nutzen wir für Reparaturen und Anschaffungen, die noch vor der Überfahrt auf die Kapverden besorgt werden müssen. Auf dem Rückweg von Santa Cruz im Norden der Insel bleibt das Mietauto direkt vor einem Kreisel stehen und lässt sich nicht mehr zum Weiterfahren bewegen. Es ist spät, alle haben hunger, die Luft wird ohne Sonne frischer und wir frieren pulloverfrei in unseren Flip-Flops. Plötzlich schiessen zwei Kleinwagen auf uns zu, aus denen zwei Personen stürzen und zu uns rennen. Fehlt noch das Blaulicht und wir hätten uns mitten in einem Krimi befunden. Die zwei uns zur Hilfe eilenden Personen stellen sich jedoch kurz und freundlich als Mitarbeitende der Autovermietung vor, schieben kurzerhand den störrischen Autoesel von der Fahrbahn, setzen uns in das eine der angebrausten Autos und schicken uns damit weiter. So geht das. 

 

Ein Problem gelöst, erwartet uns am Strand beim Dinghi die nächste Überraschung: Ein gefalteter Brief liegt auf dem Rand des Böötchens. Wir denken zuerst an eine Beschwerde, waren wir doch beim Anlanden unsicher, ob dieser Platz als Liegeplatz in Ordnung sei. Allerdings gesellt sich zum Brief sogleich ein Mensch, nämlich Dominique aus Belgien, der von der nahen Bar schnell auf uns zueilt. Wie sich herausstellt, verfolgen er und seine - im offshore-Bereich arbeitenden - Kollegen Rocinantes Fahrt, seit Besitzer Jan mit ihr in Ostende abgelegt hat. Ein bisschen verwirrt ob all der Ereignisse der Abends paddeln wir schliesslich im Dunkeln zu unserem Zuhause zurück und sinken nach dem Znacht ziemlich erledigt in unsere Betten.

 

Dann ist es endlich so weit, dass Marianne zu uns auf's Schiff ziehen kann. Wir freuen uns sehr, sie mit dem Dinghi abzuholen und mit ihr an Bord den Anker zu lichten. Von Teneriffa haben wir genug, weiter geht es zum kleinen Naturparadies La Gomera. Als ob Grossmami Marianne nun alles aufgrund ihrer langen Tage im Hotel in komprimierter Form erleben müsste, wird die Fahrt ein kleines Abenteuer. Zuerst bleibt es ruhig, kaum Wind, dafür kreuzen massenweise Pilotwale unseren Weg. So viele, dass wir sie nicht zählen können und irgendwann nicht mehr jede Fluke, die sich über dem Wasser zeigt, weiterverfolgen. So fasziniert wir von den gemächlich schwimmenden Meerestieren sind, so intensiv ist auch der darauffolgende Wind, der uns auf einen Schlag mit 30 Knoten erwischt. - Hier zwischen den Kanarischen Inseln, wo er durch die hohen Inseln verdichtet wird, eigentlich nichts Aussergewöhnliches. Wir sausen dahin, reffen das Segel nochmals und lassen uns von Wellen pflotschnass spritzen. Wir hoffen auf ein bisschen Inselabdeckung für das Bergen der Segel vor dem Hafen, werden aber weiter gefordert. "Das ist Training!", versucht die positive innere Stimme zu motivieren, dringt damit nicht immer bis zum Innersten vor, aber wir halten trotzdem durch, bis wir sicher vertaut an unserem Hafenplatz liegen. "Grossmami, jetzt chasch aber stolz sii uf dich", sagt Janosch mit Überzeugung in der Stimme und wir alle nicken erschöpft. So geht auch das!

 

Die nächsten Tage verbringen wir mit Inselerkundung: Eine Wanderung im wahnsinnig schönen Garajonay Nationalpark, der seinen Namen einer dramatischen Legende über die tödlich endende Liebesgeschichte von Gara und Jonay verdankt, ein Besuch der Kirche, in der sich Christoph Kolumbus vor seiner Abreise ins Ungewisse segnen liess, Glacé schlecken an der südlichen Küste, Abendessen im Städtchen San Sebastian... So verbringen wir die Zeit, bis Marianne schliesslich mit der Schnellfähre ablegt, um von Teneriffa aus den Flieger in die Heimat zu erwischen.

 

Wir winken ihr vom Schiff aus nach und kehren danach wieder zum Schiffsalltag zurück. Am Hafen liegen zwei weitere Schiffe mit Kindern, die "AKIHI" direkt neben uns kommt sogar aus der Schweiz und die dänische "Aquila" haben wir bereits in Funchal getroffen. Insbesondere Lio geniesst es sehr, sich wieder einmal mit einem ungefähr gleichaltrigen Jungen alleine treffen zu können. - Auch wenn er mit Eskar Englisch sprechen muss. Überhaupt geniessen wir alle die geselligen Stunden und fühlen uns nach den paar Tagen vor Ort schon ganz vertraut mit unserem momentanen Zuhause. Es braucht eben oft nicht viel mehr als ein paar nette Leute um einen herum, um sich wohl zu fühlen.